Der Bombenangriff 

 

Am Dienstag den 15. August 1944 erfolgte von den Alliierten Streitkräften ein gezielte Bombenangriff auf den Flugplatz Eschborn, der von der 8th United States Army Air Force (USAAF) durchgeführt wurde.

 

Die Vorbereitung

 

Der Angriff sollte von der 40th Combat Bomb Wing verantwortet werden, die zur 1st Bomb Division gehörte. Der Einsatzbefehl dazu ging an die 92nd Bombardment Group und die 306th Bombardment Group.

 

Der Befehl zur Vorbereitung und Beladung der Flugzeuge mit Bomben, kam vom Headquarter des 40th Combat Wing Captain Hamilton und traf am 14. August 1944 um 21:10 Uhr bei der 92nd Bombardment Group (BG) mit Basis in Podington, England ein. Daraufhin wurden 39 B-17 Bomber, davon 2 PFF (Path Finder Forces) und 3 Flugzeuge als Reserve vorbereitet.

Bei der 92nd BG wurden ebenfalls 39 Maschinen vorbereitet.

 

Abb.1: Organisations- Chart der 8th USAAF

Bildquelle: The 8th Air Force Yearbook by Lt. Col. John H. Woolnough, americanairmuseum.com

 

Erst kurz nach Mitternacht, am 15.08.1944 um 00:18 Uhr wurde von der 40th Combat Wing der Einsatzbefehl Nr. 472 mit Details zum Einsatz empfangen. Als Primärziel war darin der Flugplatz Eschborn festgelegt worden. Der Rangierbahnhof von Koblenz war als Sekundärziel definiert, wenn die Umstände (z.B. die Wetterlage)  eine erfolgreiche Bombardierung von Eschborn nicht zuließen.

 

Um 00:50 wurden die Informationen per Fernschreiber an die beiden betroffenen Gruppen weitergeleitet.

Für die 92nd BG wurde daraufhin das Briefing für 03:45 angesetzt.

 

Beginn der Mission

 

Take- Off der ersten Maschinen erfolgte um 06:40.

 

Danach benötigte man noch etwas mehr als eine Stunde um die Formation über der Basis in Podington in England zu bilden, bevor man um 8:10 den letzten Bogen flog und den Weg in Richtung Kanalküste einschlug.

 

 

Abb.2: Die „Ground Crew“ beim nächtlichen Verladen der Bomben auf einem Flugplatz in England zur Vorbereitung für eine andere Mission am 31.03.1944.

 

Bildquelle: Historical Military Records, NARA / FOLD3.COM

Ref.342-FH-3A06500-50238AC

 

Die 306th Bombardment Group die sich auch die „Reich Wrecker“ nannten, hatten ihre Basis in Thurleigh und bereiteten ebenfalls 39 B-17 Bomber für den Angriff vor.

Die Besatzung nahm ihr Frühstück um 02:30 ein. Das Briefing war um 03:30. Take Off erfolgte um 06:49.

 

Komplikationen beim Start der Bomber

 

Wegen dichtem Nebel, der während des Startvorgangs der Maschinen aufkam, konnten 8 von 39 B-17 Bomber dieser Gruppe nicht mehr starten.

 

Eine weitere B-17 mit der Kennzeichnung 42-102558 verunglückte beim Take- Off, weil sie die notwendige Startgeschwindigkeit nicht erreichte. Das Flugzeug streifte am Ende der Startbahn eine Hecke und bohrte sich dann in den Boden. Anschließend fing sie Feuer, der Treibstoff und die Bomben explodierten. 5 Besatzungsmitglieder inklusive Pilot und Co-Pilot verloren dabei ihr Leben. 3 Mann wurden nur leicht verletzt. Einer blieb unverletzt.

 

Abb.3: Das Wrack einer Boeing B-17 "Flying Fortress" (A/C No. 231278) bei einem ähnlichen Unglück am 4. Januar 1944 in England.

Bildquelle: Historical Military Records, NARA / FOLD3.COM

Ref. 342-FH-3A15422-66202AC

 

Die Flugzeuge der 306BG bildeten über Mount Farm in England die Formation, bevor sie um 08:01 in Richtung Küste aufbrachen. Dabei verließen sie kurz die vorgesehene Route und flogen den letzten Bogen nicht voll aus um verlorene Zeit aufzuholen. Sie folgten schließlich im Abstand von ca. 3 Minuten der vorausfliegenden 92nd Bomber Gruppe in Richtung Ärmelkanal.

Von 30 letztendlich erfolgreich gestarteten Maschinen der 306 BG mussten zwei B-17 nach kurzer Zeit umkehren. Bei einem Bomber brannte der Sternmotor #2 weil der Auspuff gebrochen war. Bei dem anderen Flugzeug gab es Probleme mit Triebwerk #3. Beide Flugzeuge warfen ohne Ziel, vor der Rückkehr zur Sicherheit die Last von jeweils 8 Bomben über der Nordsee ab.

 

Abb.4: Typische Formation einer Combat Box / Combat Wing.

Die Formationen wurden immer wieder verändert und variierten so im Verlauf des Krieges.

Bildquelle: „US Army Air Forces in World War II“, ibiblio.org/hyperwar

 

Der Flug nach Eschborn

 

Um 09:17 erreichten dann die 306th Bomber Group mit 28 Bombern das feindliches Festland. Die 92nd Bomber Group befand sich mit 39 Maschinen zu diesem Zeitpunkt etwa 1 Minute vor ihnen.

Vor Antwerpen drehte man nach rechts ab und flog etwa 150 km in südlicher Richtung bis man den nördlichen Breitengrad N 50°16’12.00“N auf dem dem östlichen Längengrad E  3°19’48.00“ erreicht hatte. Das liegt in der Nähe des kleinen, unbedeutenden Ortes Hordain in Frankreich. Von da ab in östlicher Richtung, über Luxemburg nach Zell an der Mosel. Von dort ging es weiter nach Mannheim, Aschaffenburg, in einem großen Bogen rund um Frankfurt am Main.

 

Der Angriff

 

Nach ca. 2 Flugstunden über feindlichem Gebiet hatte die 306th BG um 11:07, 5 Minuten nach der 92nd BG den IP (Initial Point) erreicht.

Von hier aus wurde der Bombenabwurf vorbereitet, der Bombenschacht geöffnet und geradewegs auf das Ziel zugesteuert. Am Flugplatz Eschborn war das Wetter klar, weiter südliche etwas diesig.

Der Angriff erfolgte aus Nordost, aus der Richtung Wetterau kommend über Steinbach und Eschborn hinweg, auf einem magnetische Kompasskurs zwischen 212-242°. Direkt nach dem Abwurf drehten die Maschinen scharf nach rechts ab, an Sulzbach und Liederbach vorbei, über Kelkheim und den Taunus hinweg zurück nach England.

 

Abb.5: Flugroute von Thurleigh, England nach Eschborn. Overlay aus Google Earth und der Karte mit der Flugroute aus dem Bericht der 306th BG.

Bildquellen: Google Earth

306th Bomb Group Mission Report, NARA 

 

Von der der 92nd BG hatte eine „Fliegende Festung“, wie die B-17 Bomber von Boeing auch genannt wurde, ein Problem mit einem Motor und nutzte deshalb zur Entlastung bei Zell an der Mosel ein Gelegenheitsziel und hatte dort bereits alle acht geladenen Bomben abgeworfen. Vier vom Typ AN-M44 mit einem Gewicht von je 1000 lbs (ca. 453 kg) und vier der Sorte M17 mit dem Gewicht von je 500 lbs (ca. 226 kg).

Ein Bomber, der als Ersatz mit gestartetet war, hatte um 09:01 Uhr noch vor der feindlichen Küste abgedreht und war ohne Abwurf zur Basis zurückgekehrt. 

 

Somit hatten 36 B-17 der 92nd BG kurz vor der 306th BG mit 30 B-17 das Primärziel Eschborn erreicht. 

Zwei der B-17 aus der 92nd BG hatten sich mittlerweile der Formation der 306th BG angeschlossen, weil diese durch die Ausfälle stark vermindert war. 

 

Dem Bericht der 40th Combat Wing vom 18.08.1944 an den befehlshabenden General der 1st Bombardment Division, klinkten die Flugzeuge ihre tödliche Fracht genau zwischen 11:10 bis 11:15 über dem Eschborner Flugplatz aus.

Die Bombergruppen flogen zum Zeitpunkt des Bombenabwurfs, in einer Höhe zwischen 24.100 und 27.000 Fuß (ca. 7350-8200m) über dem Ziel.

 

Abb.6: Luftaufnahmen der 8th USAAF.

Der Überflug erfolgte vom roten zum brauen Bereich, also von der linken unteren Ecke in Richtung Bildmitte. 

Deutlich sind noch die Bombentrichter auf den Feldern in Sulzbach, von dem Angriff am 15. August 1944 erkennbar. Die Christiansmühle in Sulzbach hatte großes Glück und keinen direkten Treffer erlitten. Allerdings war das Dach von den in der Nähe detonierten Bomben stark beschädigt.

Im vorderen Teil sieht man eine der Sulzbacher FLAK Stellungen. 

Der rote und braune Bereich wurde für diesen Bericht nachträglich eingefärbt und die Pfeile mit Hinweisen zugefügt.

Bildquelle: 8th USAAF, NARA 

Hinweis: Beschriftung und Markierungen wurden nachträglich zugefügt

 

Die erste Gruppe hatte die Bomben deutlich zu spät abgeworfen, so dass sie das Ziel verfehlten. (brauner Bereich in Abb. 6)

 

Daraufhin wurde der Zielpunkt vom Bombenschützen für die beiden folgenden, hoch- und tieffliegende- Gruppen der 306th BG korrigiert. Mit dem Ergebnis das im Anschluss der gesamte nördliche Teil des Flugplatzes von Rauch und Explosionen eingehüllt war. Es war auch eine schwarze Rauchsäule zu sehen, die den Beobachtungen der Besatzung nach wie ein Ölfeuer aussah.

 

Über die Flugabwehr in der Nähe des Ziels wird berichtet, das sie mäßig bis stark und präzise war. 

 

 

Bilanz der Attacke

 

Insgesamt 66 Bomber haben letztendlich den Flugplatz Eschborn attackiert. Davon warfen 65 Flugzeuge dort ihre Bomben ab. 

Eines der Maschinen hatte bereits die Last über Zell an der Mosel abgeworfen. Eine weitere B-17 warf 4 x M17 (250 lbs) der insgesamt 8 geladenen Bomben wegen Fehlfunktionen des Abwurfmechanismus nur in der Nähe des Ziels Eschborn ab.

 

Insgesamt wurden genau 500 Bomben und 8 Skymarker (Rauchbomben) auf den Flugplatz Eschborn abgeworfen. Davon 252 Stück der M44 Allzweckbombe (ca. 114t) und 248 Stück der M17 Brandbombe (ca. 56t) 

Dazu kommen noch 2 Ladungen mit „Nickels“. Das waren zusammen 20 spezielle Bomben die mit Flugblättern gefüllt waren. 

 

 

Abb.7: T-1 Flugblatt- Bombe wie sie ab Mai 1944 von der 8th USAAF über Deutschland eingesetzt wurden. Im Bild zu sehen sind Soldaten beim Befüllen der Bomben mit Flugblättern. Jede Bombe konnte bis zu 80.000 Flugblätter aufnehmen. Eine großflächige Verteilung wurde durch das Öffnen mit automatischem Zünder in 6000m Höhe erreicht.

Bildquelle: Historical Military Records, NARA / FOLD3.COM

Ref.342-FH-3A20273-A57486AC 

 

In der 306th BG waren zwei der B-17 anstelle mit explosiver Last, mit jeweils 10 „Flugblatt- Bomben“ beladen. Es sollten 4 verschiedene Informationsblätter der Serie XG16, XG20, G48 und XG19 verteilt werden.

 

Obwohl in den Berichten eine Besatzung vermerkt hatte, das sie das "Öffnen" der Bomben nicht sehen konnten, wird dazu in dem Buch Sulzbach am Taunus III von Sigi Fay1 folgendes beschrieben: „Nach diesem Angriff waren die Felder von Sulzbach wie zugeschneit von Flugblättern, die aus den US Flugzeugen abgeworfen waren.“ 

 
 

Abb.8: 12 Flugblatt der Serie XG20, wie es über dem Eschborner Flugplatz tausendfach abgeworfen wurden.

Bildquelle: XG.20, Der Stein ist im Rollen, psywar.org/leaflets

 

 

Eskortiert wurde die Bomber über feindlichem Gebiet von P-51 Mustang Jagdflugzeugen.

 

Abb.9: P-51 Mustang die auch als Eskorte für die B-17 Bomber über Deutschland eingesetzt wurden.

Bildquelle: Historical Military Records, NARA / FOLD3.COM

 Ref.342-FH-3A15702-59352AC 

 

Gegenwehr der deutschen Luftwaffe

 

Auf dem Rückweg wurde die Bomberformation etwa um 11:45 in der Nähe von Bitburg in der Eifel von ca. 20 einmotorigen deutschen Jägern angegriffen. Da sich die Deutschen von hinten näherten und die P-51 Mustangs vorneweg flogen, dauerte es einen Moment bis vier hart attackierte B-17 Bomber erfolgreich verteidigt werden konnten.

 

So steht es in dem Bericht der 306th BG der Amerikaner. 

 

Aus deutscher Quelle, wird von Eckard Sauer2 folgendes beschrieben: “Nach den Angriffen der Bomber auf den Flugplatz Frankfurt- Eschborn schlug sich nun die wieder einsatzbereite I./JG 300 mit den amerikanischen Begleitjägern herum. Eine P-51 Mustang wurde abgeschossen und zwei konnten beschädigt werden. Die Gruppe selbst wurde hart getroffen. Sie hatte südlich und östlich von Frankfurt am Main fünf Verluste mit vier gefallenen Flugzeugführern:....“

 

Verschiedene „Encounter Reports“ der P-51 Jägerpiloten sind dazu in den Archiven zu finden, die an diesem Tag Anspruch auf den Abschuss und die Zerstörung von deutschen Jägern des Typs Messerschmitt BF 109 anmeldeten. 

 

Zurück nach England

 

Trotz des Vorfall schafften es alle 66 Bomber des Typs B-17 ohne Verluste auf der gleichen Route zurück nach England. Die ersten Flugzeuge erreichten die Heimatbasis um 13:42 Uhr und landeten um 13:51 Uhr.

 

Wieder zurück auf der Basis, zeigte sich die ganze Bilanz der Beschädigung.

Von der 92nd BG hatten acht Flugzeugen der führenden Gruppe Schäden erlitten. Sechs davon schwer.

Die hochfliegende Gruppe hatte mehr Glück, ihr entstanden keine Schäden.

Vier B-17 der tieffliegenden Gruppe hatten ebenfalls Schäden zu verzeichnen. Eines davon schwer, was aber möglicherweise schon vom Anflug aus der Nähe von Antwerpen stammt, wie vermerkt ist, denn dort war diese Gruppe bereits in Flak Feuer geraten.

 

Der Leitende Bombenschütze der führenden Gruppe der 92nd BG wurde während des Angriffs durch Flak Feuer über dem Ziel am Bein verwundet. Ebenso erlitt der Pilot eine Verletzung am Bein. Beide konnten diesen Angriff trotzdem erfolgreich abschließen.

 

Insgesamt wurde diese Mission als gelungen bezeichnet. Von den Piloten und der Besatzung wird über eine erfolgreiche, gute Zerstörung berichtet. Einige Flugzeuge haben bei dem Angriff Fotos aufgenommen die später ausgewertet wurden. (siehe "Die Zerstörung")

 

Quellen:

American Air Museum in Brighton, americanairmuseum.com

NARA, 306th Bomb Group: Mission Report

NARA, 40th Bomb Wing: Field Orders 

AFHRA (Maxwell AFB)USA, A5985

Gregory Alexander Historian / Archivist 92nd Bomb Group Memorial Association, 92ndma.org

Candy Brown / Member of our 92nd Bomb Group Research Team

Fold3.COM

1Sigi Fay (1989): Sulzbach am Taunus III Das Dorf. von der Diktatur bis zur Demokratie. 1. Auflage, Seite 34

2Eckard Sauer (2013): Absturz im Kinzigtal. Die Luftfahrt im hessischen Kinzigtal von 1895 bis 1959. 1. Auflage , Seite 107-108.

„Zeitzeugen - Bomben auf Schwalbach“, Schwalbacher Verein Heimat & Geschichte e.V., 2016

Leaflet Archive, psywar.org

US Army Air Forces in World War II, ibiblio.org/hyperwar

Gerhard Raiss (2017), Stadtarchivar Eschborn. Vortrag "Geschichte des Flugplatzes Eschborn"

google.de/earth

 

 

 

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